Erinnerungen an Frau Gao Rongrong

Wider allen Erwartens wurde Frau Gao Rongrong zu Tode gefoltert. Damals erschrak ich, als ich im Internet das Foto von ihrem zerstörten Gesicht sah. Später konnte sie, wie ich erfuhr aus dem Krankenhaus entfliehen und dafür freute ich mich für sie. Leider wurde sie danach wieder festgenommen. Später verbreitete sich die Nachricht von ihrem Tod sehr schnell.
Noch sehr lebhaft erinnere ich mich daran, wie wir damals zusammen die Falun Gong Übungen machten – es scheint mir als wäre es gestern gewesen.

Ende 1997 lernte ich Falun Gong an der Luxun Kunst Akademie kennen. Dort traf ich auch Frau Gao zum ersten Mal. Sie praktizierte Falun Gong schon länger und übte oft im „Nanhu“-Park. Weil es viele neue Praktizierende an der Luxun Kunst Akademie gab, brauchten wir langjährige Praktizierende, die sie betreuten. Frau Gao kam dann zu uns und übernahm aus eigener Initiative die Aufgabe unsere Betreuerin zu sein. Morgens um 5 Uhr kam sie über 3 Kilometer zu uns an die Luxun Kunst Akademie und brachte von ihrem Büro ein Transparent und einen Kassettenrekorder zum Übungsplatz mit. Ihre Kleidung war schlicht und sie war sehr nett zu allen. Wir Studenten sprachen sie mit „Schwester Gao“ an.

Nach dem Abendessen lernten wir zusammen das Fa (Lehre von Falun Gong). Am Anfang lasen wir zunächst einen Absatz, dann begann sie sich mit uns auszutauschen. Nachdem das Jingwen vom Meister „im Fa verschmelzen“ veröffentlicht wurde, tauschte sie sich mit uns aus. Wir nahmen uns viel Zeit zum Fa lernen. Damals gab es an unserem Übungsplatz einen alten Praktizierenden, der gerne Klatsch verbreitete. Er sprach darüber, was es Aktuelles in der Politik gab, welche Politiker Falun Gong unterstützten und welche nicht usw. Frau Gao sagte damals zu ihm, das wir mehr das Fa lernen sollen und nicht in die Sachen der Menschen eingreifen.

Frau Gao war immer nett zu den anderen. Im Winter 1998 war es sehr kalt. An einem Tag gab es kräftige Schneeschauer. Eine Studentin hatte vergessen ihre Handschuhe mitzubringen. Frau Gao gab ihr dann ihre eigenen Handschuhe zum Anziehen. An einem anderen Tag kam sie gemeinsam mit einem Siebzigjährigen, wobei sie ihn stützte, zum gemeinsamen Lernen des Fa. Dabei half sie ihm seine Schuhe an und auszuziehen und schaute mit ihm die Videokassetten der Fa Erklärung vom Meister. Zum Schluss begleitete sie ihn zurück nach Hause.

Frau Gao suchte nach Innen, wenn sie auf Probleme stieß. Einmal beim Meditieren beobachteten eine Praktizierende und ich, dass ihr Körper sich nach vorne und hinten neigte. Danach lobte die Praktizierende sie, dass sie gut geübt habe. Frau Gao sagte: “Vielleicht ist mein Hauptbewusstsein zu schwach, ich muss darauf achten.“ Am Übungsplatz gab es eine Praktizierende, die immer Angst hatte, dass andere erfahren könnten, dass sie sich kultiviert. Eines Tages, als sie mit jemandem redete, kam ein Student vorbei und lud sie mit lauter Stimme dazu ein an jenem Abend zum Lernen des Fa zu kommen. Am Abend beschwerte sie sich über den Studenten. Frau Gao sagte zu ihr: “Warum hast du denn Angst es die Anderen wissen zu lassen, dass du dich kultivierst?“

Frau Gao arbeitete gewissenhaft. Nach dem Verbot von Falun Gong am 22. Juli 1999 führten die Leiter unserer Akademie mit uns Gespräche. Dabei sagten sie:“Über ihre Arbeit haben wir nichts zu sagen. Das Schlechte ist, dass sie Falun Gong praktiziert.“

Von Anfang an widersetzte sich Frau Gao der Verfolgung. Am 25. April 1999* erfuhr sie davon, dass die Praktizierenden in Tianjing festgenommen wurden. Daraufhin fuhr sie nach Peking, um dagegen zu appellieren. Später erfuhren wir alle darüber und wollten auch dorthin fahren. Gerade an diesem Tag kam sie wieder zurück. Sie rief uns rechtzeitig an und sagte: “Alles ist schon erledigt.“

Nach dem 25. April 1999 kamen Sicherheitsbeamte zu uns in die Akademie, um Untersuchungen durchzuführen. Die Leiter der Akademie führten damals mehrmals Gespräche mit Frau Gao. Uns wurde nicht mehr erlaubt die Übungen im Campus zu machen. Daher verlegten wir unseren Übungsplatz und übten auf der Seite vor dem Tor.

Früher lernten wir Falun Gong im Spielraum der alten Funktionäre, weil der Leiter ebenfalls ein Praktizierender war. Später durften wir nicht mehr dort bleiben. Der Praktizierende wurde seines Amtes enthoben. Danach lernten wir bei mir zuhause. Frau Gao brachte das Porträt vom Meister, das Lunyu und das Bild des Falun Symbols zu mir und hängte sie an die Wand. Sie sagte: “Nun ist dein Zimmer glänzend!“

Die Leiter unserer Kunstakademie hielten Frau Gao für einen Kader der Falun Gong Praktizierenden. Der Sekretär und der Rektor redeten mehrmals mit ihr und forderten von ihr, dass sie nicht mehr das Lernen und Üben von Falun Gong organisierten sollte. Frau Gao sagte:“ Das Praktizieren von Falun Gong ist freiwillig. Ich habe niemanden dazu gezwungen.“ Einer der Sekretäre sagte zu ihr, dass sie 'Schutz vor dem Wind suchen' und besser nicht mehr in der Öffentlichkeit üben solle. Frau Gao sagte darauf: “Ich habe das Recht mich fit zu halten und es steht mir frei zu glauben. Darum brauchen Sie sich nicht zu kümmern.“

Sie wurde arbeitslos. Einmal bemerkte ich, dass ihre Augenlider geschwollen waren. Später erfuhr ich, dass sie, weil sie ihre Arbeit verloren hatte, großen Druck von der Familie bekam. Dazu sagte sie aber nichts.

Ende 2001 fuhr ich nach Deutschland, um zu studieren. Hier kann ich frei praktizieren. Aber das geruhsame Leben hier machte mich langsam nachlässig, sodass ich anfing nicht mehr an Frau Gao und an die grausame Verfolgung im Festland China zu denken. Ihre Todesnachricht schreckte mich auf….aus meinem Schlaf. Ich erinnere mich an das Gedicht vom Meister: “Das Böse vernichten“. .

[Der Appell am 25. April 1999in Peking kam deshalb zustande, weil Praktizierende der Stadt Tianjin in der Nähe Pekings grundlos und ungesetzlich festgenommen wurden. Die Praktizierenden machten von ihrem Petitionsrecht Gebrauch und forderten friedlich die Freilassung ihrer Mitpraktizierenden. Nachdem einige Praktizierende mit dem ehemaligen Premier Zhu Rongji sprechen konnten, gingen sie wieder nach Hause].

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